Haben Regenwürmer Namen?

Interview mit Lilian Stöver im Mai 2019

Seit vielen Jahren unterstützt Susila Dharma – Soziale Dienste e.V. die Schule Bina Cita Utama (BCU) in Rungan Sari / Indonesien und Lilian Stöver hat dort 2019 ein Praktikum absolviert. Bina Cita Utama bedeutet „Aufbau edler Ideale“. Die Vision der Schule ist es, die Kinder so zu erziehen, dass sie selbstsicher werden und sich als Erwachsene später bei der Entwicklung in ihrer Gemeinschaft und in der Welt mit positiven Beiträgen einbringen können. 

 

SD: Magst Du etwas von Dir persönlich mitteilen? Über Deinen Hintergrund (Wohnort u.ä.) und was Dir wichtig ist im Leben…

 

Ich lebe in Berlin und habe 2018 mein Fachabitur mit Schwerpunkt im sozialen Bereich abgelegt. Nach der Schulzeit wollte ich unbedingt ins Ausland, um eine andere Kultur kennenzulernen, verbunden mit einer produktiven Tätigkeit.

 

SD: Was hat Dich auf die Idee für das Praktikum gebracht?

 

Beim Weltkongress von Subud in Freiburg haben meine Mutter und mein Bruder Projekte in Indonesien kennengelernt. Sie knüpften Kontakte zu Menschen, die in Rungan Sari leben. Diese Kontakte habe ich für mich genutzt bei meiner Suche nach einem Praktikum. Glücklicherweise habe ich schnell Antwort auf meine Anfrage bei der BCU Schule bekommen. Das Angebot betraf die Mitarbeit in der neuen Vorschule in Palangkaraya. Das hat mir gut gefallen, denn ich konnte auf meine Erfahrungen aufbauen, die aus einem Praktikum in einem Kindergarten während meiner Schulzeit entstanden.

 

SD: Magst Du Deine ersten Eindrücke nach der Ankunft in Rungan Sari beschreiben?

 

Ich kam abends im Dunkeln nach langer Reise in Rungan Sari an. Ich habe erst einmal erleichtert auf der Couch im Volunteer-Haus den Sound des Dschungels aufgenommen und meine ersten Glühwürmchen entdeckt. Meine Mitbewohnerin Barbara, sie arbeitet als Volunteer für AUSAid in Rungan Sari, begrüßte mich mit einer Drachenfrucht. Das war alles sehr schön. 

 

Lilian Stöver (mittig) mit „ihren Kindern“ an der BCU Schule      © Lilian Stöver
Lilian Stöver (mittig) mit „ihren Kindern“ an der BCU Schule © Lilian Stöver

SD: Wie sieht Dein Alltag dort aus?

 

Morgens um 7:30h holt mich meine Kollegin Wuryanti mit dem Auto ab und wir fahren 45 Minuten nach Palangkaraya in die Vorschule. Bis 14h beschäftige ich mich mit 11 Kindern (4-6 Jahre). Spätestens bis 14:30h werden alle abgeholt von ihren Eltern. Dann haben wir Besprechungen im Team über Arbeitsthemen und Planung. Meistens fahren wir dann gegen 15:30h zurück nach Rungan Sari. Dort genieße ich den Pool und treffe mich mit anderen Volunteers. Abends spielen wir meist Karten oder schauen Filme an. Jeden Mittwoch- und Sonntagabend wird ein Yoga Kurs hier von einem Volunteer angeboten, den besuche ich gerne. 

 

SD: Was ist herausfordernd  für Dich und was genießt Du an Deinem Aufenthalt?

 

Mit den Skorpionen, Spinnen und Schlangen werde ich mich ganz sicher nicht anfreunden! Die sind richtig herausfordernd für mich. Genießen tue ich die Ruhe und den Frieden auf dem Gelände, sowie die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Leute vor Ort. 

 

SD: Sind die Fächer und der Unterricht in Kunst und Sport bei der BCU vergleichbar mit einer Schule in Berlin?

 

Hm, ich mache im Sport mit den Kindern Gemeinschaftsspiele und manchmal auch Yoga. In Kunst malen sie gerne mit Wasserfarben oder basteln. Das ist wohl in einer Berliner Schule ähnlich. Die Kinder sprechen indonesisch und etwas Englisch, ich bringe ihnen zudem etwas Deutsch bei mit Liedern, Zahlen und einfachen Redewendungen des Alltags, wie „Guten Morgen“. Mir ist aufgefallen, dass sie wenige Spielsachen brauchen, sondern lieber die Natur erkunden und  zum Beispiel Regenwürmern Namen geben.

 

Vorschule mit Schwung – Sport, Kunst, Englisch und ein bisschen Deutsch  © Lilian Stöver
Vorschule mit Schwung – Sport, Kunst, Englisch und ein bisschen Deutsch © Lilian Stöver

SD: Was möchtest Du ganz sicher aus RunganSari mitnehmen?

 

Ich möchte die zuversichtliche und entspannte Art von den Leuten aus Indonesien auf jeden Fall in mir bewahren.

 

SD: Was würde diesen Aufenthalt für Dich am Ende des Jahres zu einem wertvollen Erlebnis machen?

 

Einerseits habe ich das Gefühl, dass die Kinder in meinen Kunst-, Sport- und Deutschstunden wirklich etwas von mir gelernt haben. Das gibt mir ein sehr gutes Gefühl. Gleichzeitig habe aber auch ich sehr viel von den Kindern und Leuten um mich herum gelernt das mich persönlich sehr viel weitergebracht hat.

 

SD: Spürst Du etwas von einer Art Aufbruchsstimmung für den Weltkongress 2022?

 

Ja, das merkt man schon. Viele Pläne sind im Entstehen. Gleichzeitig ist zurzeit auch ein großes Thema in welche Stadt von Borneo die neue Hauptstadt von Indonesien verlegt wird. 

Der Präsident war letzte Woche in Palangkaraya, um sich alles anzuschauen. Diese Entscheidung wird das Leben hier entscheidend verändern - ob zum Guten oder Schlechten, darüber sind die Menschen hier geteilter Meinung. Viele befürchten weitere gravierende Eingriffe in die Natur. Das wäre wirklich sehr schade.

 

SD: Wann ist Dein Aufenthalt in Indonesien beendet? 

 

Anfang Juli kehre ich nach Berlin zurück. Dann habe ich hier ein halbes Jahr als freiwillige Helferin mitgearbeitet.

 

Liebe Lilian, ich wünsche Dir einen weiterhin erfüllten Aufenthalt in Kalimantan und eine beschützte Rückreise. Danke für dieses offene Gespräch!

 

Das Interview führte Romina Vianden-Prudent im Mai 2019